Gewächshaus: ein wenig Theorie

Jetzt geht es auch in Finnland langsam Richtung Frühling. Wir haben zwar immer mal wieder eine kräftige Ladung Schnee, die in den folgenden Tagen dann langsam schmilzt, aber an sonnigen Tagen kann es im Gewächshaus schon über 20° heiß werden. Mit dem Gebläse kann dann der Boden langsam aufgeheizt werden, um seine Wärme über Nacht und an wolkigen Tagen wieder abzugeben.

Die Idee zu einem Gewächshaus, das Wärme speichern und später wieder abgeben kann, ist alt. Man hat zuerst begonnen, Wasserfässer an der Hinterwand zu stapeln, die dunkel angestrichen sind, sodass die Sonne das Wasser schneller erwärmt. Man kann auch einfach Masse (Steine, Beton) der Sonne aussetzen und so Wärme speichern. Das sind alles passive Methoden.

Bei dem SHCS-Gewächshaus (Subterrean heating and cooling system) handelt es sich um ein aktives Speichersystem. Der Begriff wurde von Sunny John erfunden, einem amerikanischen Unternehmer, der aktiv speichernde Gewächshäuser gebaut hat und sich sehr start mit den Funktionsprinzipien auseinandergesetzt hat. Auf seiner Internet-Seite hatte er eine Unmenge Informationen zu der Wirkungsweise und den besten Baumethoden gesammelt. Leider ist er vor ein paar Jahren gestorben und die Seite lässt sich nicht mehr aufrufen.

L. David Roper von YMCA in Virginia hat darauf aufbauend ein ziemlich großes Gewächshaus gebaut, das under den Beeten Luftröhren eingebaut hat, durch die die heiße Luft am Tag geleitet wird, um einen Teil der Hitze an die Erde abzugeben. Auch er beschäftigt sich sehr ausführlich mit den wissenschaftlichen Hintergründen des Projekts.

Das einzige Buch, das sich auf Finnisch mit der Permakultur intensiv auseinander setzt, Riipumaton puutarha, beschreibt auch den Beginn dieser Idee, mit der warmen Luft zu heizen, in einem Permakulturgewächshaus in den Rocky Mountains. Im Buch wird auch der Einsatz dieses Prinzips in Dänemark vorgestellt und daran gezweifelt, wie gut es denn wohl in Finnland funktionieren würde. In den USA kann man das ganze Jahr lang über 20° C erreichen, man kann also tropische Pflanzen anbauen. In Dänemark, dem Buch zufolge, bleibt es über die Wintermonate frostfrei (wobei der Bauherr das Gewächshaus als einen Anbau an seine Küche realisiert hatte und selber sagte, er wisse nicht, wie viel Wärme durch das Gebläse gespeichert werde und wieviel durch die Heizung der Küche hinzukäme). In meinem Projekt in Finnland bleibt es bis in den Dezember hinein frostfrei, dann friert des Gewächshaus ein, der Boden bleibt aber weitgehend frostfrei und lässt sich schon im März auf 8-10° C erwärmen. Leider ist die Sonne ab November so schwach, dass die Wärme im Erdboden dann recht schnell abnimmt.

Ein weiteres Beispiel für ein SHCS-Gewächshaus in nördlicheren Breitengraden findet sich in Calgary, Kanada.

Im Moment habe ich versuchweise Spinat, Salat und Möhren ausgesät und warte jetzt darauf, wann sie anfangen zu keimen. Spätestens ab Ende April (wenn es durchaus noch Nachtfröste hier gibt) können Setzlinge im Gewächshaus vorgezogen werden und blockieren also nicht mehr unser Wohnzimmer.

Und jetzt aber zum konkreten Design: ich habe mich für Drainageröhren entschieden, weil sie verhältnismäßig billig sind und auch schon gleich perforiert sind, sodass entstehendes Kondenswasser gleich in die Erde abfließen kann. Bei dem YCMA-Design haben sie die Röhren in Schotter gebettet, darüber ein Trennvlies eingelegt und erst dann die eigentliche Erde eingebracht, in der die Pflanzen wachsen sollen. Ich habe mich damit begnügt, den Aushub wieder zurückzuschütten. Das habe ich von einem Bagger machen lassen. Dei Grube konnte nicht so tief ausgehoben werden, wie ich es erhofft hatte, weil eine dicke Schicht Lehm kam, auf der sich das Grundwasser sammelte. Wenn ich in dem Lehm eine Grube ausgehoben hätte, hätte ich mich extra um Entwässerung kümmern müssen und noch das ganze Gebäude durch Pfähle im Boden gründen müssen. So habe ich einen massiven Sockel aus Beton gegossen (der wohl völlig überdimensioniert ist, aber das Haus ist ja aus Glas und sollte keine Spannungen haben). Darüber habe ich dann eine Mauer aus Betonsteinen gebaut, in die die Erde eingefüllt wurde.

In die Erde kommen drei Lagen Röhren, eigentlich insgesamt über einen Meter in der Tief verteilt. Bei mir sind es leider nur knappe 60 cm, sodass die Wärmespeicherung besonders in der Tiefe nicht ideal funktionieren kann.

Hinten auf dem ersten bild kann man eine dicke schwarze Röhre sehen, von der aus die weißen Drainageröhren gezogen werden. Auf dem zweiten Bild sieht man links die lange Metallröhre, auf der der Ventilator installiert wird. Von hier aus wird die warme Luft unter die Erde geführt und kommt dann aus den Enden der Röhren auf der anderen Seite etwas gekühlt wieder heraus. (Erfahrungswert ist etwa 5-8° kühler als am Eingang.)

Das eigentliche Gewächshaus wurde auf dem gemauerten Sockel errichtet, wie hier berichtet. Auf dem Bild unten sieht man noch einmal den Plan. Die Schräge der nach Süden gerichteten verglasten Wand richtet sich nach dem Einfallswinkel der Sonne und entspricht ungefähr dem Breitengrat, an dem man wohnt (hier nocheinmal genau beschrieben). Das YMCA-Gewächshaus hat einen Neigungswinkel von 45°, ich habe mich für 60° entschieden. Damit ist die Schräge so steil, dass ich keine eigentliche Vorderwand mehr brauche, sondern direkt mit der Beglasung anfangen kann.

Um die Wärme bestmöglich zu halten, sind alle anderen Wände mehr oder weniger isoliert, nach langer Überlegung habe ich auf dem Dach Stegplatten installiert, die auch eine sehr gute isolierende Wirkung haben. Im YMCA-Gewächshaus ist auch die Vorderseite mit Stegplatten verglast. Das Licht aus Richtung Süden her reicht gut aus, bei meiner Ausrichtung nach Südosten scheint die Sonne im Sommer von 7-15 Uhr direkt ins Gewächshaus, danach dann noch eine Weile von oben durch das Dach. So macht es nichts aus, dass die Hinterwand kein Licht durchlässt. Ich habe sie noch weiß angestrichen, damit möglichst viel Licht reflektiert wird.

Im Frühling 2015, also vor dem zweiten Gewächshaussommer, habe ich noch Doppelgläser installiert. Leider kriegt man es nicht vollständig dicht, aber man merkt den Unterschied besonders im Herbst, wenn draußen schon Minusgrade herrschen. Im letzten Bild oben kann man sehen, wie die einfachen Fenster über Nacht bereifen. Das war vor der Doppelbeglasung, am 28.10.2015. Man kann gut sehen, wie die warme Luft aus den Röhren den Reif geschmolzen hat, die anderen Fenster waren dick bereift. Probleme macht das vor allem dadurch, dass das Tauwasser an den Gläsern innen herunterläuft und in die Strukturen eindringt. Das ist auf Dauer nicht so gut. Durch die Doppenbeglasung ist dieses Problem schwächer geworden, dafür bildet sich im prallen Sonnenschein schnell Kondenswasser zwischen den Scheiben, das aber am Abend wieder verschwindet. Also eigentlich eine ganz gute beschattende Wirkung.

Ein Beispiel zur Temperaturentwicklung ziemlich am Anfang, als das Gebläse installiert war.

Messdaten für eine Woche im Gewächshaus. Rot is die Innentemperatur, blau die Temperatur am Ausgang der Röhren und braun die Außentemperatur

 

 

 

Am Tag sieht man deutlich, wie die Gewächshaustemperatur steigt, wenn die Sonne direkt scheint, und wieviel Energie sie in der Erde lässt. Im Vergleich ist die Außentemperatur sehr viel niedriger. Die seltsamen Spitzen am Ende jeden Tages in der Außentemperatur gehen darauf zurück, dass die Sonne am Abend direkt auf das Thermometer scheint, für eine halbe Stunde etwa. Am 8.7. war offensichtlich ein wolkiger Tag, und auch für die nächsten Tage sieht man, dass kaum noch Wärme von der Erde aufgenommen werden konnte, die blaue Kurve ist teilweise sogar höher als die rote. Am wolkigen Tag gleichen sich auch Bodentemperatur (Röhrenausgang, der Ventilator ist aus, wenn es kälte als 20° ist) und Außentemperatur an.

Die Einstellung war, dass der Ventilator angeht, wenn es über 20° warm ist, oder unter 12° kalt. Die Kälteunterschwelle wurde im gezeigten Zeitraum nicht erreicht.

Leider fehlt auch eine Anzeige der Erdtemperatur. Ich messe sie im Moment nur manuell. In den letzten beiden Sommern kam ich aber nie wirklich viel über 20°, vielleicht hin bis 24°. Dafür habe ich die Tür im Hochsommer halb geöffnet, damit keine Temperaturen über 30° vorkommen, das ist für die Pflanzen nicht gut.

Ich bin schon sehr zufrieden mit dem System. Es hat den Nachteil, dass es baubedingt etwas zu klein ausgefallen ist und die Sonne in den drei Wintermonaten einfach komplett fehlt. Ich kann aber im Vergleich zum Freiland fast drei zusätzliche Monate einplanen. Einen Vergleich zu einem Gewächshaus ohne Wärmespeicher habe ich (noch) nicht.

 

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